Wir freuen uns, jetzt erste wesentliche Teile unserer Bestände zur Roten Hilfe Deutschlands (RHD) der 1920er und 1930er Jahre und deren Nachfolgeorganisationen als pdf-Dateien online bereitstellen zu können. Die umfangreichen Materialien zur Roten Hilfe in den 1970er Jahren haben wir bereits seit längerer Zeit auf unserer Homepage. Seit Dezember 2020 sind viele RHD-Publikationen hinzugekommen, die aus umfangreichen Ankäufen stammen. Neben einer größeren Anzahl Broschüren sind es v.a Periodika. Einerseits das RHD-Organ "Der Rote Helfer" und sein Nachfolger "Tribunal". Hinzu kommen das "IRH-Bulletin" und die Funktionärzeitschriften "Mopr" und "Der Rote Block". Andererseits eine Reihe von regionalen RHD-Zeitungen aus den Bezirken Berlin-Brandenburg ("Klassenjustiz") und Erzgebirge-Vogtland ("Der Rote Sanitäter" und Hölle").
Die Materialien werden wir in der nächsten Zeit laufend ergänzen.
Das Urteil im Heidrichprozeß – von Rechtsanwalt Dr. Hans Litten
Am 26. November 1931 wurde der Jungarbeiter Heidrich, der am 7. November 1930 den früheren Polizeipräsidenten Zörgiebel (heute Polizeipräsident in Dortmund) im Gerichtssaal geohrfeigt und Arbeitermörder genannt hatte, wegen Körperverletzung und Beleidigung zu vier Monaten Gefängnis verurteilt. Die Vorgeschichte ist bekannt: Das Schöffengericht hatte auf fünf Monate Gefängnis erkannt, die Berufungsstrafkammer schickte die vom Verteidiger zur Führung des Wahrheitsbeweises für das Wort „Arbeitermörder“ unmittelbar geladenen Zeugen unvernommen nach Hause und ermäßigte die Strafe geringfügig; das Reichsgericht hob das Urteil wegen dieser offenbaren Gesetzwidrigkeit auf, so daß die Strafkammer sich nochmals mit dem Fall zu beschäftigen hatte.
Der Wahrheitsbeweis wurde diesmal – zum ersten Mal seit zweieinhalb Jahren – zugelassen, und es wurden etwa 50 Zeugen vernommen und ein Film über die Maiereignisse vorgeführt. Die mündliche Urteilsbegründung enthält folgende für die Berliner Schutzpolizei vernichtenden Feststellungen: „Am 1. Mai 1929 und an den folgenden Tagen sind an allen Stellen der Stadt Berlin von Polizeibeamten zahlreiche Exzesse, rechtswidrige Körperverletzungen und rechtswidrige Tötungen begangen worden. Dies beweist, daß es in der Berliner Schutzpolizei zahlreiche Elemente gab, die ihrer Aufgabe nicht gewachsen waren und nicht in die Schutzpolizei hineingehören. Einen Teil der Schuld trägt auch der Umstand, daß zahlreiche Beamte ausgesprochen kommunistenfeindlich eingestellt waren.“
Die Verantwortung für diese Vorgänge bürdet die Strafkammer nur den „unmittelbar beteiligten Beamten und Offizieren“ auf. Eine Verantwortung des Zeugen Zörgiebel könne auch aus dem massenweisen Auftreten solcher Exzesse – die Strafkammer hat einige hundert Fälle teils als erwiesen angesehen, teils als wahr unterstellt – nicht gefolgert werden. „Ob der Zeuge Zörgiebel nach Bekanntwerden einzelner Fälle das Erforderliche getan hat, um Wiederholungen zu verhindern, konnte nicht aufgeklärt werden, da das Preußische Staatsministerium ihm und den Zeugen Grzesinski und Heimannsberg die Aussagegenehmigung über Vorgänge, die amtlich zu ihrer Kenntnis gelangt sind, nicht erteilt hat.“
Hier gibt das Gericht also indirekt zu, daß nur die Vertuschung durch das Preußische Staatsministerium die volle Aufklärung der Verantwortung Zörgiebels verhindert hat. Das Gericht übersieht aber, daß gerade die Tatsache der Aussageverweigerung den zwingenden Beweis für Zörgiebels Schuld erbringt. Nach § 54 der Strafprozeßordnung darf nämlich die Aussagegenehmigung nur versagt werden, „wenn die Ablegung des Zeugnisses dem Wohle des Reichs oder eines deutschen Landes Nachteile bereiten würde“. Nun war die Aussagegenehmigung nur für zwei Fragen verlangt worden, nämlich,
1. ob er für den 1. Mai 1929 Anweisungen über den Schußwaffengebrauch gegeben habe, die gegen die Richtlinien des Innenministers verstießen,
2. ob ihm zahlreiche Verstöße gegen die Richtlinien des Innenministers über den Schußwaffengebrauch bekannt geworden seien und ob er diese stillschweigend geduldet, ausdrücklich gebilligt und nach Bekanntwerden einzelner Fälle nichts getan habe, um Wiederholungen zu verhindern.
Es ist klar: Wenn Zörgiebel beide Fragen unter Eid mit „Nein“ beantworten konnte, so ist nicht einzusehen, wieso durch eine solche Antwort das Wohl eines deutschen Landes gefährdet werden sollte. Wenn das Staatsministerium dennoch die Aussagegenehmigung versagte, so beweist dies, daß Zörgiebel beide Fragen nur mit „Ja“ hätte beantworten können.
Das Gericht spricht auch von der Möglichkeit einer Mitschuld der Kommunistischen Partei. Es stellt zwar ausdrücklich fest, daß die KPD. Zusammenstöße mit der Polizei nicht wollte und alles getan hat, um sie zu verhindern. Es stellt auch fest, daß kein Fall erwiesen ist, in dem die Polizei von Demonstranten angegriffen wurde.
Trotzdem glaubt es feststellen zu müssen, daß die Möglichkeit solcher Vorkommnisse nicht ausgeschlossen war, nachdem einmal entgegen dem Verbot demonstriert wurde. Dazu ist zu sagen: Keiner der zahlreichen Zeugen, nicht einmal die Berichterstatter der polizeifreundlichen Hetzblätter „Nachtausgabe“ und „Tempo“ haben irgendeinen Angriff des Publikums auf die Polizei beobachtet. Weiter ist festgestellt – auch das hat das Gericht ausdrücklich zugegeben –, daß in den drei Fällen, in denen nach polizeilichem Zugeständnis am Vormittag des 1. Mai 1929 geschossen worden ist, ein Angriff auf die Polizei nicht vorangegangen war. Noch am 7. Mai 1929 hatte Zörgiebel bekanntlich in der sozialdemokratischen Funktionärversammlung behauptet, vor 8 Uhr abends sei nicht geschossen worden. Am 13. Mai gab der Innenminister Grzesinski im Landtag zu, daß die Polizei bereits am Vormittag an drei Stellen – Hackescher Markt, Kliems Festsäle, Senefelder Platz – geschossen habe, weil sie von Kommunisten „überfallen“ worden sei, und am 20. Mai wiederholte der Polizeioberst Heimannsberg diese Behauptung in der Zeitschrift „Die Polizei“. Eigenartigerweise fehlt in seiner Darstellung der Fall Senefelder Platz, den der Minister bereits eine Woche früher erwähnt hatte. Meine Frage, wann der Artikel geschrieben sei, beantwortete Heimannsberg nicht, weil sie unter sein Amtsgeheimnis falle! In allen drei Fällen aber hat die Beweisaufnahme ergeben, daß diese Darstellungen hoher Polizeifunktionäre unwahr sind.
Es steht durch eidliche Zeugenaussagen fest, daß am Hackeschen Markt ohne Warnung in einen ruhig anmarschierenden Demonstrationszug geschossen worden ist.
Es steht durch eidliche Zeugenaussagen fest, daß die Teilnehmer der Rohrlegerversammlung in Kliems Festsälen beim Verlassen des Gebäudes ohne jede Veranlassung durch die Polizei in den Saal zurückgeprügelt wurden und daß in den vollen Saal scharf geschossen wurde. (Diese Aussage einer Zeugin schien dem Vorsitzenden so ungeheuerlich, daß er sich eine Viertelstunde lang bemühte, von der Zeugin zu hören, ob sie sich nicht geirrt haben könnte. Auf meinen Antrag wurden zu diesem Punkt vier weitere Zeugen nachgeladen, die in einer auch für das Gericht überzeugenden Weise den Vorfall ebenso schilderten.)
Und im Falle Senefelder Platz, dem Fall, der Herrn Heimannsberg so unangenehm war, daß er ihn eine Woche nach der Rede des Ministers noch nicht kannte oder schon wieder vergessen hatte, liegt ein rechtskräftiges Gerichtsurteil vor, in dem gesagt wird, daß der Polizeihauptwachtmeister Zenkert, der dort geschossen hat, ohne jede Veranlassung die Schußwaffe gebrauchte und einem Arbeiter einen Schuß in den Hals jagte. (Es handelt sich um denselben Zenkert, der in diesem Jahre bei einem Straßentumult erschossen wurde. Der Verdacht liegt nahe, daß er wiederum von der Schußwaffe unberechtigten Gebrauch gemacht hat und in Notwehr getötet worden ist. Das hindert das Polizeipräsidium nicht, obwohl der Fall völlig ungeklärt ist, in großen Säulenanschlägen zu behaupten, Zenkert sei „ermordet“ worden.) Also: Kein Zeuge bekundet einen Angriff auf Polizeibeamte, und die drei Fälle, in denen die Polizei solche Angriffe behauptet, werden als Unwahrheit erwiesen. Es ist wirklich ein geradezu übermenschliches Entgegenkommen an die Polizei, wenn das Gericht trotzdem noch die Möglichkeit solcher Fälle offenläßt.
Wenn ich auch der Meinung bin, daß das Gericht die persönliche Verantwortlichkeit des Herrn Zörgiebel zu Unrecht verneint hat, so bleibt doch die viel interessantere Feststellung über die Polizei als Ganzes. Man muß sich einmal klarmachen: Anläßlich der Maivorgänge ist – abgesehen von dem Hauptmann Grau, der von Neukölln nach Hanau versetzt wurde, und einigen gemaßregelten Beamten des Polizeireviers 82 – niemand aus der Berliner Schutzpolizei entlassen worden. Das gilt insbesondere von denen, denen nach der Feststellung des Urteils rechtswidrige Tötungen (nicht bloß „Tätlichkeiten“, wie der ehrenwerte „Vorwärts“ schamlos-schamhaft fälscht) zur Last fallen, denn in allen diesen Fällen hat die Polizei erklärt, die Täter nicht ermitteln zu können.
Also: Die „Elemente“, die das Landgericht in der Schutzpolizei nicht zu sehen wünscht, befinden sich noch heute in ihr. Noch heute umfasst die Berliner Polizei „Elemente“, denen ein rechtskräftiges Gerichtsurteil Exzesse, rechtswidrige Tötungen und rechtswidrige Körperverletzungen zur Last legt. (rechtswidrige Tötung: d. h. auf deutsch Mord; d. R.) Bei der Massenhaftigkeit der Fälle, die das Gericht als erwiesen angesehen hat, kann auch nicht von Ausnahmen gesprochen werden, sondern es steht nach diesem Gerichtsurteil fest, daß die Berliner Schutzpolizei mit Personen, die solche Verbrechen begangen haben, förmlich durchsetzt ist. Eine Feststellung, die man sich für künftige Prozesse wird merken müssen.
Von dem Polizeipräsidenten aber erwarten wir, daß er gegen die Mitglieder der dritten großen Strafkammer des Landgerichts I Strafantrag wegen übler Nachrede stellt.
Quelle: Tribunal vom 15. Dezember 1931, 7. Jahrgang Nr. 23, S. 5
Die Serie Babylon Berlin erinnert an den Rote-Hilfe-Anwalt Hans Litten von Nick Brauns*
Im Oktober sendete die ARD eine neue Staffel der populären, in der turbulenten Endphase der Weimarer Republik spielenden Kriminalserie Babylon Berlin.
Es ist das Verdienst der Filmemacher, hier erstmals in der Geschichte der Bundesrepublik ein Millionenpublikum auf den in einer Nebenrolle vorkommenden, linken Rechtsanwalt Hans Litten aufmerksam gemacht zu haben. Hans Litten, der ab 1928 als Rechtsanwalt in Berlin Mandate der KPD-nahen, aber überparteilichen Solidaritätsorganisation Rote Hilfe Deutschlands übernahm, hatte sich als «Anwalt des Proletariats» einen Namen gemacht. Nach einem SA-Überfall auf das Tanzlokal Eden 1930 gelang es Litten als Vertreter der Nebenklage, Adolf Hitler persönlich als Zeugen zu laden und nachzuweisen, dass der SA-Terror einer planmäßigen Taktik der Nazis entsprang. Diese Bloßstellung sollte ihm der Naziführer nie verzeihen. Noch in der Nacht des Reichstagsbrands wurde Litten in «Schutzhaft» genommen. Es begann ein fünfjähriges Martyrium durch verschiedene Konzentrationslager, bis Litten am 5.Februar 1938 erst 34jährig im KZ Dachau seinem Leben selbst ein Ende setzte. Zu sehen ist in der 22.Folge von Babylon Berlin das mit Akten prall gefüllte Büro der «Kanzlei Litten», an der Wand ein Bild von Rosa Luxemburg. Die von Liv Lisa Fries gespielte Kriminalassistentin Charlotte Ritter, eine der beiden Hauptcharaktere der Kriminalserie, erbittet Hilfe für ihre wegen ihrer Verwicklung in ein politisches Attentat zum Tode verurteilte Freundin, Greta Overbeck. «Wir sind eine Freiwilligenorganisation», klärt der von Trystan Pütter überzeugend als offener und sympathischer, doch in der Sache energischer Charakter dargestellte Litten erst einmal die Arbeitsweise der Roten Hilfe. «Wir gewähren Rechtshilfe für Unterprivilegierte. Für Arbeiter, für Arbeitslose. Wir beraten die Menschen. Wir vertreten sie vor Gericht. Wir kämpfen für diese Menschen und helfen ihnen so zu etwas, was ihnen zusteht: Nämlich zu ihrem Recht!» In Babylon Berlin wird deutlich, dass die Weimarer Republik gerade nicht – wie heute gerne kolportiert wird – durch das «Hufeisen» aus «Rechts- und Linksextremisten» zerstört wurde, sondern durch das Bündnis von Teilen des Staatsapparats mit den Nazis. Diese unheilvolle Kollaboration zu bekämpfen, war Littens Intention.
Der Preis Die Kooperation von Staat und Nazis endete nicht 1945. Mit dem Wirken des bundesdeutschen Inlandsgeheimdienstes, der über seine V-Leute tief im Neonazisumpf steckt, befasst sich seit Jahrzehnten kritisch der Rechtsanwalt und Bürgerrechtsaktivist Rolf Gössner. Die Vereinigung Demokratischer Juristinnen und Juristen (VDJ) hat im Oktober den Juristen, der der seit Anfang der 1970er Jahre 38 Jahre lang illegal vom Verfassungsschutz überwacht wurde, mit ihrem Hans-Litten-Preis für sein langjähriges Engagement für Bürger- und Menschenrechte ausgezeichnet. Mit dem nach Litten benannten Preis soll solches juristische Wirken ausgezeichnet werden, das kompromisslos dem Recht verpflichtet ist, der Konfrontation mit den politschen Machtinteressen und ihren Institutionen nicht ausweicht, über den juristischen Beruf hinausgeht und in besonders hohem Maß durch demokratisches und rechtspolitisches Engagement gekennzeichnet ist – so die Ausführungen des VDJ-Vorsitzenden Joachim Kerth-Zelter bei der Preisverleihung. Die Erinnerung an den mutigen Rote-Hilfe-Anwalt und Antifaschisten Litten will mit seiner Namenswahl auch das 2005 in Göttingen gegründete Hans-Litten-Archiv e.V. wachhalten. Der Archivverein sammelt Dokumente zur Geschichte der Solidaritätsorganisationen der Arbeiterbewegung und der sozialen Bewegungen der letzten 100 Jahre, darunter der verschiedenen Rote Hilfe Vereinigungen, sowie verwandter Themen wie Klassenjustiz und politische Gefangene. Es geht darum, die Solidarität gegen Unterdrückung, Repression und Verfolgung als die andere Seite des Kampfes um Emanzipation nicht in Vergessenheit geraten zu lassen.
Im Visier Doch eine solche Erinnerung ist bei den Herrschenden nicht erwünscht. Noch in seinen letzten Amtswochen 2018 hatte der wegen seiner Verharmlosung neofaschistischer Umtriebe selbst für die Bundesregierung nicht mehr tragbare Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen angeordnet, das Hans-Litten-Archiv künftig im Verfassungsschutzbericht zu nennen. Obwohl das Archiv ein eigenständiger Verein ist, wird es im Geheimdienstbericht als «Struktur» der Roten Hilfe und «extremistische Gruppierung» mit «verfassungsfeindlichen Zielen» bezeichnet. Eine solche Einstufung gefährdet die wissenschaftliche Kooperation mit anderen Institutionen wie Universitäten. Zudem droht durch die Nennung im Verfassungsschutzbericht der Entzug der Gemeinnützigkeit, wie dies etwa der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes/Bund der Antifaschisten (VVN/BdA) widerfahren ist. Seinem Namenspaten Hans Litten verpflichtet, war der Archivverein nicht bereit zu akzeptieren, dass der Geheimdienst als Zensor zivilgesellschaftlichen Engagements auftritt. Der juristische Kampf hat sich gelohnt. Im November 2020 konnte der durch seinen Anwalt Peer Stolle vertretene Verein vor dem Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg einen Teilerfolg verbuchen. Zwar sieht es das Gericht als erwiesen an, dass das Hans-Litten-Archiv zur Struktur der Roten Hilfe gehört. Doch der Verfassungsschutz darf nun nicht mehr behaupten, dass der Archivverein selbst «eine extremistische Gruppierung, die verfassungsfeindliche Ziele verfolgt» sei.
Geheimdienst darf Hans-Litten-Archiv nicht mehr als „extremistische Gruppierung“ bezeichnen
Das Bundesamt für Verfassungsschutz darf nicht mehr behaupten, dass das Hans-Litten-Archiv e.V. eine „extremistische Gruppierung“ sei, „die verfassungsfeindliche Ziele verfolgt“.
Das stellte das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg mit Beschluss vom 4. November 2020 fest. Das Bundesministerium des Inneren wird „im Wege einstweiliger Anordnung verpflichtet, den Verfassungsschutzbericht 2018 in digitaler, schriftlicher oder sonstiger Form mit der Maßgabe zu verbreiten, verbreiten zu lassen oder sonst der Öffentlichkeit zugänglich zu machen, dass der Antragsteller im Registeranhang nicht selbst als extremistische Gruppierung, die verfassungsfeindliche Ziele verfolgt, aufgeführt wird, sondern als Unterstützer einer solchen Gruppierung“. Obwohl das Hans-Litten-Archiv ein eigenständiger und als gemeinnützig anerkannter Verein ist, sieht es das Gericht weiterhin als erwiesen an, dass Verein zur Struktur der Roten Hilfe gehört und diese als vermeintlich extremistische Gruppierung unterstützt.
Die Nennung des Hans-Litten-Archivs e.V. im Verfassungsschutzbericht geht noch auf die letzten Amtswochen des aufgrund seiner Verharmlosung neofaschistischer Umtriebe für die Bundesregierung untragbar gewordenen Verfassungsschutzpräsidenten Hans-Georg Maaßen im Jahr 2018 zurück. Da eine solche Nennung die wissenschaftliche Kooperation mit anderen Institutionen wie Universitäten gefährdet, hatte das Hans-Litten-Archiv vertreten durch seinen Anwalt Peer Stolle vor Gericht geklagt und jetzt teilweise Recht bekommen.
„Wir bewerten den Beschluss des Oberverwaltungsgerichts als wichtigen Teilerfolg im Kampf gegen den Verfassungsschutz als Zensor zivilgesellschaftlichen Engagements“, erklärt Dr. Nikolaus Brauns, der Vorsitzende des Hans-Litten-Archivs e.V.. Der Historiker weiter:
„Unser Archivverein sieht sich in seinem Eintreten gegen staatliches Unrecht seinem Namensgeber, dem von Hitler in den Tod getriebenen `Anwalt des Proletariats´ Hans Litten, verpflichtet. Daher haben wir uns mit den Mitteln des Rechts gegen die Diffamierung unseres Vereins zur Wehr gesetzt. Dass der Geheimdienst wenigstens eine kleine Schlappe erlitten hat, erfüllt uns mit Genugtuung“.
Das Hans-Litten-Archiv wurde 2005 in Göttingen gegründet. Es sammelt Dokumente zur Geschichte der Solidaritätsorganisationen der Arbeiterinnen –und Arbeiterbewegung und der sozialen Bewegungen. In diesem Rahmen befassen sich der Archivverein und seine Mitglieder auch wissenschaftlich mit den verschiedenen Rote-Hilfe-Vereinigungen der letzten 100 Jahre sowie verwandten Themen wie Klassenjustiz, Repression gegen Linke und dem Schicksal politischer Gefangener. Veröffentlichungen von Archivmitgliedern behandelten unter anderem die Widerstandstätigkeit von Roten Helferinnen und Helfern unter dem NS-Regime sowie die Neugründungen von Rote Hilfe Gruppierungen im Gefolge der Außerparlamentarischen Opposition nach 1968.
"Babylon Berlin" würdigt Rote-Hilfe-Anwalt Hans Litten – der Verfassungsschutz stuft das Hans-Litten-Archiv als „extremistisch“ ein
Das Hans-Litten-Archiv würdigt das große Verdienst der FilmemacherInnen von „Babylon Berlin“, erstmals in der Geschichte der Bundesrepublik ein Millionenpublikum auf den engagierten linken Anwalt Hans Litten aufmerksam gemacht zu haben – und das in vorzüglicher Art und Weise.
Am 14. Oktober wurde in der ARD die 22. Folge der populären Fernsehserie „Babylon Berlin" ausgestrahlt. Zwischen den Minuten 13:24 – 15:31 Uhr kann man eine instruktive Darstellung aus der Arbeit der Roten Hilfe im Jahre 1929 sehen. Aus der Totale zeigt uns die Kamera zunächst das prall mit Akten gefüllte Büro der „Kanzlei Litten – Rote Hilfe Berlin-Schöneberg“. Danach treten in dieser Szene drei SchauspielerInnen auf, einer davon ist der von Trystan Pütter gespielte Hans Litten. Wikipedia informiert uns diesbezüglich in dem Eintrag zur Filmserie: „Rechtsanwalt der „Roten Hilfe“. Die Figur beruht auf Hans Achim Litten, der als „Anwalt des Proletariats“ und Gegner des NS-Regimes bekannt war; 1938 im KZ Dachau in den Tod getrieben.“ (https://de.wikipedia.org/wiki/Babylon_Berlin#Nebenrollen)
Die Szene zeigt wie die von Liv Lisa Fries gespielte Kriminalassistentin „Charlotte Ritter“ den Genossen Litten in seinem Büro mit der Absicht aufsucht, Rechtshilfe für ihre inhaftierte Freundin „Greta Overbeck“ zu erbitten. Overbeck ist für die Mithilfe an einem Bombenanschlag auf einem hohen Repräsentanten der Weimarer Republik zum Tode verurteilt worden, der von den Nazis durchgeführt worden ist. Im Strafprozess hat sie unter dem Druck einer Erpressung des Leiters der Politischen Polizei in Berlin die Kommunisten dieser Tat beschuldigt.
Ohne sich in ihrer beruflichen Position vorzustellen informiert Kriminalassistentin „Charlotte Ritter“ Hans Litten darüber, dass es, „seit neuestem wieder eine Spur zu den möglichen Hintermännern“ dieser Tat gibt. Genosse Litten winkt hier ab, ihm reicht die Feststellung: „Offenbar war das Urteil politisch gewollt!“ „Charlotte Richter“ fragt Litten mit fragendem Blick nach Unterstützung: „Was würde so was kosten, wie viel ….?“
Genosse Litten, am Schreibtisch sitzend, antwortet ihr mit offenem Blick: „Was können sie denn? Ich frage, weil ich annehme, dass sie keine Vorstellungen haben, was die Rote Hilfe ist“
Genosse Litten zündet sich eine Zigarette an, und führt dann wie folgt zu den Aufgaben der Roten Hilfe aus: „Wir gewähren Rechtshilfe für Unterprivilegierte. Für Arbeiter, für Arbeitslose. Wir beraten die Menschen. Wir vertreten sie vor Gericht. Wir kämpfen für diese Menschen und helfen ihnen so zu etwas was ihnen zusteht: Nämlich zu ihrem Recht!“
Die ins Bild als aufmerksam zuhörende gesetzte „Charlotte Ritter“, schaut beeindruckt, lächelt und nickt zustimmend.
Im weiteren Verlaufe der Szene weist Litten noch auf ein anderen wichtigen Aspekt des Selbstverständnisses der Roten Hilfe hin: „Wir sind eine Freiwilligenorganisation.“ Und so geht die Szene erst mal gut aus: Genosse Litten sagt der Freundin von „Greta Overbeck“ zu, dass er diese „so oder so vertreten (werde), ganz unabhängig von einer Bezahlung.“ Kriminalassistentin „Richter“ bestätigt das erleichtert lächelnd mit dem Wort: „Abgemacht!“ Ende der Szene.
Der Anwalt der Roten Hilfe Hans Litten wird in Babylon Berlin als das dargestellt, was er bestimmt immer auch war: Offen und sympathisch, Hilfesuchenden vorurteilslos zugewandt, gut informiert, außerordentlich engagiert und „auch nicht die Bohne“ extremistisch. Das er allerdings am Ende dieser Szene die Kriminalassistentin bittet für die RH als Stenotypistin zu arbeiten ist nur daraus zu erklären, dass „Charlotte Ritter“ hier nicht ganz im offenen Karten spielt.
Wir haben unseren 2006 gegründeten Archivverein zur Geschichte der Solidaritätsorganisationen der ArbeiterInnenbewegung und der sozialen Bewegungen nach Hans Litten benannt, um die Erinnerung an diesen mutigen Rote-Hilfe-Anwalt und Antifaschisten wachzuhalten. In seinen letzten Amtswochen als Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz im Jahr 2018 hat Hans-Georg-Maaßen veranlasst, dass das Hans-Litten-Archiv im kommenden Jahr als „extremistische Gruppierung“ im Verfassungsschutzbericht gelistet wird, die „verfassungsfeindliche Ziele“ verfolge. Dabei werden wir als eigenständiger und als gemeinnützig anerkannter Verein fälschlich als „Struktur“ der Roten Hilfe e.V.“ markiert. Auch im diesjährigen Verfassungsschutzbericht für das Jahr 2019 wird unser Archivverein genannt. Eine solche Eintragung im Verfassungsschutzbericht gefährdet unsere wissenschaftliche Kooperation mit anderen Institutionen wie Universitäten. Zudem droht uns durch die Nennung im Verfassungsschutzbericht der Entzug der Gemeinnützigkeit, wie dies auch der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes / Bund der Antifaschisten (VVN/BdA) widerfahren ist. Dagegen verfolgen wir derzeit noch eine Klage beim Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg.
In „Babylon Berlin“ wird auch gezeigt, wie die Weimarer Republik gerade nicht durch „Linksextremisten“ sondern durch das Bündnis von Teilen des Staatsapparates mit den Nazis zerstört wurde. Dagegen hat auch Hans Litten gekämpft.
Das Hans-Litten-Archiv als Freiwilligenorganisation heute sieht sich selbst ganz im Geist der Worte von Hans Litten in „Babylon Berlin“. Indem wir die Geschichte der Solidaritätsorganisationen der ArbeiterInnenbewegung und der sozialen Bewegungen einschließlich der verschiedenen Rote-Hilfe-Organisationen der letzten 100 Jahre dokumentieren, wollen wir zeigen, wie wichtig es ist und bleibt den Unterprivilegierten Rechtshilfe zukommen zu lassen, um ihnen so zu etwas zu verhelfen, was ihnen zusteht. „Nämlich zu ihrem Recht!“
Wir sind sehr gespannt darauf, wie die Darstellung von Hans Litten in der nächsten Staffel von „Babylon Berlin“ weiter gestrickt wird. Für Rückfragen aller Art stehen wir gerne zur Verfügung.
Die dritte antifaschistische Wanderung führt uns dieses Mal durch den – östlich der Eisenbahn-Strecke gelegenen – Teil Eichwaldes und ein Stück durch den Norden der Nachbargemeinde Zeuthen.
Wir starten auch dieses Mal am S-Bahnhof – jedoch auf der östlichen Seite – und werden mit unserer Tour unter anderem auf die Geschichte der Zwangsarbeiter*innen in Eichwalde und der Profiteure des NS-Regimes eingehen.
Unser erster Punkt befindet sich vor dem alten Eingang zum Fabrikgelände der Großtischlerei. Hier weisen wir auf deren Kriegsproduktion und Verbindung mit den deutschen Faschist*innen hin.
An einer zweiten Station – bereits in der Gemeinde Zeuthen – thematisieren wir die Lage der damaligen Zwangsarbeiter*innen.
Danach begeben wir uns durch den Nordteil Zeuthens zum Denkmal für die Kämpfer*innen, die im damaligen Spanien gegen die Truppen Francos gekämpft haben. Mit einem schönen Blick auf den Zeuthener See im Hintergrund berichten wir von diesen mutigen Antifaschist*innen und legen am Gedenkstein Blumen nieder.
Wieder in Eichwalde werden wir in der Friedenstraße auf die dramatische Situation in den letzten Kriegstagen des 2. Weltkrieges an diesem Ort verweisen, bei dem mutige Bewohner*innen ein weiteres sinnloses Sterben verhindern konnten.
Vor dem Bürgeramt werden wir auf die Rolle der damalige Roten Hilfe Deutschlands und linker Aktivist*innen in Eichwalde eingehen und dabei auch Emil Kaschel würdigen. Unsere Wanderung beenden wir wieder am Bahnhof.
Hier noch der bisherige Ablaufplan mit ungefähren Zeiten der Stationen, etwa für Menschen die vielleicht nur bei einzelnen Punkten dabei sein wollen:
14:00 Uhr – 1.) Bahnhof Eichwalde – Schmöckwitzer Seite START / BEGRÜSSUNG (August-Bebel-Allee 16)
14:20 Uhr – 2.) Friedenstraße / am Graben – die Großtischlerei Eichwalde (Kriegsprofiteure, Nazis und Kriegsproduktion in Eichwalde)
14:50 Uhr – 3.) Schillerstraße 62 (Zeuthen), mutmaßliches Zwangsarbeiter*innenlager (die Situation der Zwangsarbeiter*innen während des Faschismus)
15:20 Uhr – 4.) Platz der Demokratie / Seestraße 90, Denkmal für die Spanien-Kämpfer aus der Region (Antifaschistischer Kampf gegen Franco)
Vor über 100 Jahren entstanden nach einem Aufruf in der „Roten Fahne“ die ersten Rote-Hilfe-Komitees als eine überregionale Solidaritätsstruktur. Mit ihr sollte die Solidarität für verfolgte Aktivist:innen aus der gesamten Arbeiter:innenbewegung durch materielle Unterstützung für die politischen Gefangenen und ihre Familien, aber auch durch die Übernahme von Kosten für Anwält:innen, gewährleistet werden. Aus den Rote-Hilfe-Komitees entwickelte sich ab 1924 die Rote Hilfe Deutschland (RHD), einer der größten und aktivsten Massenorganisationen der Arbeiter:innenbewegung.
Der Historiker Dr. Nick Brauns berichtet aus der Solidaritätsarbeit der Rote-Hilfe-Komitees und der RHD in der Weimarer Republik bis hin zur illegalen antifaschistischen Arbeit während der Zeit des Nationalsozialismus. Dabei versuchen wir auch einen Fokus auf die damaligen lokalen Strukturen der RHD in Potsdam und vor allem im proletarisch geprägten Nowawes zu geben. Eintritt frei, aber Spenden für Hans-Litten-Archiv. Rauchfrei während der Veranstaltung. Beginn um 19:30 Uhr in der Stadtteilkneipe Nowawes.
Mittwoch, 08.06.2022, 19:30 Uhr in der Stadtteilkneipe Nowawes
„Helft den Gefangenen in Hitlers Kerkern!“ - Die Rote Hilfe Deutschlands (RHD) war in der Weimarer Republik eine große linke Solidaritätsorganisation mit fast einer Million Mitgliedern. Sie stand politischen Gefangenen sowie ihren Familien materiell und juristisch zur Seite und organisierte Kampagnen gegen Repression. Nach dem Verbot im Frühjahr 1933 arbeiteten viele RHD-Gruppen in der Illegalität weiter, sammelten Spenden für die Angehörigen der KZ-Häftlinge und prangerten in Flugblättern den NS-Terror an.
Im Grenzgebiet spielten die Fluchthilfe für die Verfolgten und der Literaturschmuggel eine zentrale Rolle – so auch am Bodensee. Mit dem Vortrag soll der heute nahezu vergessene Widerstand der Roten Hilfe gegen den NS-Terror in Erinnerung gerufen werden.
Inlandsgeheimdienst umschifft Verbot zur Nennung des Hans-Litten-Archivs im Verfassungsschutzbericht. Ein Gespräch mit Rolf Meier
Interview: Kristian Stemmler
imago/Klaus Rose
Das Hans-Litten-Archiv pflegt einen Bestand von Dokumenten zu Solidaritätsaktionen auch der Roten Hilfe (Dortmund, 13.11.1974)
Rolf Meier ist Mitglied im Vorstand des Hans-Litten-Archiv e. V.
Im kürzlich präsentierten Verfassungsschutzbericht 2020 wird das Hans-Litten-Archiv, kurz HLA, – wie auch junge Welt – erneut erwähnt, obwohl das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg dem Verfassungsschutz verboten hatte, es als »extremistische Gruppierung« zu bezeichnen. Wie ist das möglich?
Der sogenannte Verfassungsschutz, kurz VS, hat sich mal wieder von seiner kreativen Seite gezeigt und für uns kurzerhand die Kategorie »extremistische Struktur, die verfassungsfeindliche Ziele verfolgt« erfunden. Damit umschifft der Geheimdienst das Gerichtsurteil und kann unsere Arbeit erneut verunglimpfen.
Worin sieht der Inlandsgeheimdienst denn die Verfassungsfeindlichkeit Ihres Vereins?
Die »Vorwürfe« sind an Absurdität kaum zu überbieten. Der Verfassungsschutz behauptet, das HLA handele für die Rote Hilfe, kurz RH, »indem es sie nachdrücklich in ihren verfassungsfeindlichen Bestrebungen unterstützt«. Abgesehen von der Frage, was genau die verfassungsfeindlichen Bestrebungen der Solidaritätsorganisation Rote Hilfe e. V. sein mögen, nennt der VS-Bericht als Belege für die seiner Ansicht nach staatsgefährdenden Umtriebe des Archivvereins »beispielsweise Lesungen und Vortragsveranstaltungen mit Ortsgruppen der RH …, welche die Arbeit und Ziele der RH fördern sollen«. Dabei handelt es sich um Buchvorstellungen und Vorträge zur Geschichte der Roten Hilfe Deutschlands in der Weimarer Republik und im antifaschistischen Widerstand ab 1933. In vielen Städten zählen naheliegenderweise Ortsgruppen der RH zum Veranstalterkreis, ebenso wie andere politische Gruppen, Parteien und Geschichtsvereine.
Wird Ihnen also aus der Zusammenarbeit mit der RH ein Strick gedreht?
Ja, genau. Außerdem wird im VS-Bericht ein rund zehn Jahre altes Zitat eines Archivmitarbeiters angeführt, der in einem Interview davon sprach, »die aufgearbeitete Historie für die Kämpfe der Gegenwart zu nutzen«. Lehren aus der Geschichte zu ziehen wird also prinzipiell als verfassungsfeindlich eingestuft. Außerdem verweist der VS-Bericht darauf, dass das Archiv seine Räume im selben Haus wie die Geschäftsstelle der Roten Hilfe e. V. in Göttingen hat.
Im Registeranhang des VS-Berichts heißt es, der Archivverein sei »nicht selbst als extremistische Gruppierung, die verfassungsfeindliche Ziele verfolgt« aufgeführt, »sondern als Unterstützer einer solchen Gruppierung«.
Das ist grotesk – aber diese sprachakrobatischen Verrenkungen sind eben ein Zugeständnis an das Gerichtsurteil, das dem Geheimdienst ausdrücklich die Listung des Hans-Litten-Archivs in der Kategorie »extremistische Gruppierung« untersagt hat.
Was ist Ziel und Aufgabe Ihres 2005 gegründeten Vereins, und mit welchen Aktivitäten verfolgen Sie Ihre Ziele?
Unser Vereinszweck ist zunächst die Archivierung von Dokumenten zur Geschichte der Solidaritätsorganisationen der Arbeiter- und Arbeiterinnenbewegung und der sozialen Bewegungen, darunter der verschiedenen Rote-Hilfe-Vereinigungen der letzten 100 Jahre mit Fokus auf dem deutschsprachigen Raum. Ein Schwerpunkt unserer Forschungen betrifft die Widerstandstätigkeit während des NS-Faschismus, aber ein großer Teil unseres Bestandes beinhaltet neben Archivalien aus der Weimarer Republik Dokumente von Antirepressionsgruppen seit den 1970er Jahren. Unser Satzungszweck hebt hervor, dass wir auch Bildungsarbeit in Form von Vorträgen, Seminaren und Publikationen leisten – und genau das wird uns nun zum Vorwurf gemacht.
Werden Sie gegen die neuerliche Erwähnung im Verfassungsschutzbericht wieder juristisch vorgehen?
Als kleiner, weitgehend spendenfinanzierter Verein müssen wir uns gründlich überlegen, ob wir unsere Gelder in ein Verfahren mit ungewissem Ausgang stecken wollen oder lieber in den Ankauf seltener Archivalien. Denn der Geheimdienst findet selbst im Erfolgsfall Mittel und Wege, um gerichtliche Vorgaben zu umgehen. Wir halten daher erst einmal Rücksprache mit unserem Rechtsbeistand und behalten uns rechtliche Schritte vor. Schließlich gefährdet eine Nennung im Verfassungsschutzbericht unsere Gemeinnützigkeit und Kooperation mit anderen wissenschaftlichen Einrichtungen wie Universitäten.
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